Ein Beitrag von Jasmin Venini

Agilität ist in aller Munde. Aktuell verschliesst sich kaum eine grössere Unternehmung dieser Idee und auch öffentliche Organisationen bemühen sich zunehmend um agilere Prozesse. So verwundert es nicht, dass seit wenigen Jahren Agilität auch im Bildungsbereich Fuss zu fassen scheint. Publikationen, die zu «Mut zu mehr Agilität in der Schulführung» aufrufen oder erklären «wie durch die Nutzung von agilen Methoden eine nachhaltige Transformation zu einer zukunftsfähigen Schule vorangetrieben werden kann» schiessen wie Pilze aus dem Boden. Darüber hinaus wurde bereits vereinzelt versucht Agilität ins Klassenzimmer zu tragen und den Unterricht agil zu gestalten. Es fällt jedoch auf, dass eine einheitliche Definition zu fehlen scheint. Zwar verspricht man sich positiven Effekte bezüglich Effektivität, Dynamik, Selbststeuerung, Motivation, Eigenverantwortung, Fehlerkultur usw. doch was mit dieser «Agilität» genau gemeint ist, die all dies erreichen will, bleibt oft unbeantwortet.

Durch eine vertiefte Literaturrecherche habe ich in meiner Masterarbeit in einem ersten Schritt zusammengetragen, was unter Agilität verstanden wird. Auch hier bleibt die Suche nach einem einheitlichen Verständnis erfolglos. Je nachdem ob von Personalführung oder von Produktionsprozessen gesprochen wird, finden sich unterschiedliche Konzepte. Dennoch war es möglich zentrale Prinzipien zu formulieren, welche in vielen Auffassungen eine bedeutende Rolle spielen. In einem zweiten Schritt wurde diese Synthese in fünf Punkten auf den Kontext Schule und Unterricht übersetzt. Während manche Autoren bei dieser Übersetzungsleistung beinahe hemmungslos den Terminus «Chef» durch «Lehrperson» und «Kunde» durch «Schüler» ersetzen, wurde hier sorgfältig begründet, weshalb die Anwendung der Prinzipien aus pädagogischer Perspektive im Unterricht sinnvoll scheinen.

Kompakt: Fünf Prinzipien für einen agilen Unterricht

  1. Flexibilität Die Lehrperson erkennt an, dass Lernprozesse und Unterricht durch ihre Komplexität, nicht gänzlich planbar sind. Sie legt sich deshalb geeignete Strategien zurecht, um mit diesem Fakt einen konstruktiven Umgang zu finden. Insbesondere ist sie bereit dazu, im Unterricht spontan die Richtung zu ändern, sollte sie feststellen, dass die Klasse nicht in geplanter Weise auf den Lernstoff reagiert.
  2. Zielorientierung Die Aktivitäten der Schüler*innen sind auf klare Zielkriterien ausgerichtet. Die Konsequenz wirkt radikal: Alles, was der Erreichung kognitiver und sozialen-emotionalen Zielen (direkt oder indirekt) dient, gilt als wertvoll. Insbesondere bedeutet das auch, dass alles, was dem nicht entspricht, als wenig sinnvoll betrachtet und demnach gestrichen werden kann.
  3. Autonomie des Teams Besonders aus motivational-emotionalen Gründen, wird den Schüler*innen das grösstmögliche Mitbestimmungsrecht zugestanden. Die Lehrperson nimmt dabei die Rolle des «Servant Leaders» ein. Als solcher nimmt sie die Lernenden ernst und unterstützt sie dabei Entscheidungen zu treffen und ihre eigenen Lernwege zu gehen.
  4. Feedback Einerseits erhalten die Schüler*innen möglichst regelmässig Rückmeldung darüber, wo sie im Lernprozess stehen. Andererseits behält die Lehrperson die verfolgten Lernziele im Blick und evaluiert fortlaufend, wie es um deren Erreichung steht.
  5. Frameworks Die Lehrperson schafft Rahmenbedingungen, welche die Umsetzung der genannten Prinzipien mit einem höchstmöglichen Mass an Leichtigkeit gelingen lässt. Die Frameworks tragen dazu bei, dass Unterricht als komplexer Prozess nicht noch komplizierter wird, durch zusätzliche Verhaltensmaximen. Vielmehr sollen die Herausforderungen, welche sich durch die Komplexität von Unterricht ergeben, besser und einfacher bewältigt werden können.

Die Masterarbeit haben wir hier verlinkt: