Der siebte Punkt der Liste der 13 Charakteristika! Entwicklungsorientierte Bildung ist, …
…wenn Bildungsprozesse personnah sind.
Kurz erklärt:
- Bildungsprozesse betreffen uns, es geht um die Person selbst.
- Es geht in der Entwicklungsorientierten Bildung also mehr ums Tun und ums Sein und Werden als ums Können.
- Entwicklungsorientierte Bildung bedeutet gemeinsame Gestaltung der Entwicklungsumgebung für notwendigerweise personnahe Bildungsprozesse.
- Skalierung von Bildung wird zur gemeinsamen Aufgabe der Lehrenden und der Lernenden.
Etwas ausführlicher:
Entwicklungsorientierte Bildung sieht Menschen Schritte gehen, hinter die sie nicht mehr zurückkönnen, im Denken, im Handeln, im Sein. Personnah ist Bildung damit auch, wenn ausgehend von Tugenden und Charakterstärken stärkenfokussiert auch Soziales Lernen ein relevantes Bildungsgeschehen darstellt, das individuelle und gemeinschaftliche Entwicklung als fortwährende Suchbewegung ermöglicht. Das heisst also auch, dass Lernende zunehmend Verantwortung für ihr Lernen übernehmen und das Lernen gemeinsam mit Lehrenden steuern. Student-Agency, also das selbstständige Anpacken der eigenen Bildung, ist ein entscheidender Faktor für Erfolg. Und soziale Fähigkeiten gewinnen enorm an Bedeutung. Lesen Sie dazu mehr im OECD Lernkompass 2030.
Lehrende werden sich, so unsere Annahme, in diesem Prozess eher als Begleit- und Mitsteuerungspersonen denn als Primärsteuerungspersonen von Prozessen sehen.
Für die Bildungsarbeit bedeutet das, sich mit vielen Fragen zu beschäftigen!
Denn: wir brauchen neue Rahmungen für Bildungsprozesse. «Bildung für alle» ist eines der wichtigsten Prinzipien überhaupt. In einem gewissen Sinn folgerichtig wurde daraus eine Art «Industrialisierung» der Bildung abgeleitet, um «Masse» zu erreichen. Bildungsprozesse wurden standardisiert und damit ging der Versuch einher, diese gewissermassen unabhängig von der Individualität der Lernenden wie der Lehrenden zu strukturieren. Ähnlich wie Fertigungsprozesse bei Serienproduktionen! Wie sonst sollte man denn «Bildung für alle» umsetzen?
Geht es nun in der Bildung allerdings um die ganze Person, sind der Industrialisierung der Bildung enge Grenzen gesetzt, und doch: Wollen wir «Entwicklungsorientierte Bildung für alle», so brauchen wir auch hier Ideen zur Skalierbarkeit.
- Wie ist es möglich, dass es in Millionen von Bildungsprozessen um Entwicklung gehen kann, um Entwicklung von Menschen als Menschen, die gerade deshalb so individuell ist?
- Wie lässt sich das »organisieren«?
Der wichtigste Punkt wird sein, dass die Lehrenden selbst ihr eigenes Leben entwicklungsorientiert leben – und dass sie lernen, Entwicklung gut zu beobachten. Wissen und (Kataloge von) Kompetenzen sind dabei wichtig! Aber sie sind eher so etwas wie ein Repertoire an Möglichkeiten, welche Lehrpersonen situativ zum Einsatz bringen – und doch den Überblick behalten auch darüber, wer was schon weiss, wer was schon kann und für wen welche nächsten Schritte der Entwicklung nun günstig und passend sein könnten.
Allerdings tun Lehrende das im Falle von Entwicklungsorientierter Bildung nicht allein: Es macht Sinn, von Anfang an die Lernenden in die Gestaltung der Prozesse einzubeziehen und so Verantwortung für Förderung zu teilen. Entwicklungsorientierte Bildung bedeutet also gemeinsame Gestaltung der Entwicklungsumgebung für notwendigerweise personnahe Bildungsprozesse. «Skalierung« im Sinne von «Entwicklungsorientierter Bildung für alle» bedeutet somit in erster Linie, Lehrende dafür zu gewinnen und genau diesbezüglich in ihrem eigenen Entwicklungsprozess zu unterstützen. Personnah wird es damit auch für die Lehrenden. Und: Skalierung wird zur gemeinsamen Aufgabe der Lehrenden und der Lernenden. Bildung für alle von allen.
PS: Die Grundlagen zu diesem Blogbeitrag stehen im Buch «Entwicklungsorientierte Bildung – ein Paradigmenwechsel». Der brandneue Text Was Entwicklungsorientierte Bildung ist erläutert 13 Charakteristika dieses Paradigmas.
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