Erinnern Sie sich an zwei Stränge als entwicklungsorientierter Zugang? Ich habe das Konzept von Berger & Pfiffner im Oktober 2022 begeistert als bequeme Rampe zu entwicklungsorientierter Praxis bezeichnet und Ihnen eine Auswertung besprochen. Hier kommt sie!
Ein wilder Ritt
In der Tat: Das war eine ganze Menge Arbeit! Eine Berufsfachschulklasse, die vor Heterogenität nur so strotzt, ein anspruchsvolles Thema, das auch bei gestandenen Sozialarbeiter:innen schnell einmal kontroverse Diskussionen auslöst und eine neue Idee, Unterricht zu gestalten. Nach 10 Wochen intensiver Arbeit stelle ich fest: ein wilder Ritt! Zusammengekommen sind Lernprodukte erster Güte – alle würde ich einem erlesenen Fachpublikum aus dem Bereich Gesundheit und Soziales jederzeit im vollen Auditorium präsentieren. Gar mit einem Schmunzeln im Gesicht. Entwickelt aber – und hier liegt mein Fokus – haben sich Fachpersonen als Fachpersonen. Ein bisschen mehr Fachperson in wenigen Wochen. Jede und jeder in eigener Gangart, auf eigene Weise. Nicht alle gleich, alle anders (!) und dennoch nicht beliebig. Das brave Ziel der Bildungsplanes haben diese Lernenden weit übertroffen.
Aus der Evaluation heraus formuliert
Eine deutliche Mehrheit der befragten Lernenden konnte die fachlichen Inhalte mit konkreter Betreuungspraxis verbinden. Selbstständiges und eigenverantwortliches Arbeiten trägt nach Angaben der Lernenden dazu bei, die fachlichen Inhalte zu erfassen, sich das Thema «aneignen» zu können. Die offenere Lernform unterstützt das selbstständige Arbeiten.
Beinahe zwei Drittel der Lernenden finden diese Lernform ideal, etwas mehr als ein Drittel empfand das als ungewohnt, kam im Laufe des Unterrichts immer besser damit zurecht. Der Lernnachweis wird als sinnvoll erachtet, weil in dem Format ein neues Vorgehen erlernt werden konnte, weil man gestalterisch arbeiten kann und ein brauchbares Produkt erzeugt.
In Bezug auf hilfreiches Verhalten der Lehrperson werden besonders genannt:
- Möglichkeit die Lernberatung nach Bedarf (auch viel) in Anspruch zu nehmen
- Freiheiten zumuten und selbstständig arbeiten lassen
- Verständliche Feedbacks
- Gute Laune der Lehrperson
Die detaillierten Evaluationsergebnisse finden Sie hier.
Aus dem Bier heraus formuliert
Kollege Christof Arn hat mir kürzlich beim zweiten Bier eine Bildungsprogrammatik in 21 Zeichen (mit Leerzeichen) vorgestellt: Lernende ernst nehmen. Er hat sie selbst irgendwoher. In den Lernberatungen und den geführten Feedbackgesprächen habe ich das am meisten gespürt, wie Lernende Augenhöhe, Authentizität, Fachlichkeit und das Feuer für die Sache schätzen.
Reprise zum Einstiegsgedanken: Das Konzept ist ein tauglich Ding, dass in der bestehenden Struktur einer (Berufsfach)Schule anderen Unterricht möglich macht. Mitnichten aber, weil es so revolutionär wäre, mitnichten aufgrund seiner Güte: Eher schafft es aufgrund seiner Herkunft und der klaren Einfachheit eine konforme Grundlage, die nun, je nach Spielart, je nach Gestaltungsform und Innovationsfreude der Lehrperson, tatsächlich als Zugang zu entwicklungsorientierter Bildungspraxis dient und Entwicklung zulässt. Anders: Auf der Basis von Berger&Pfiffner lässt es sich ganz legitim abweichend unterrichten: sowas will erkundet und erforscht werden! Und wirft natürlich neue Fragen auf.
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